Der politische Kampf in Bern über die Armeefinanzen zeigt einmal mehr, dass sich die Politik nur um Details kümmert und den Blick aufs Ganze verliert. “Mehr Geld = mehr Sicherheit” ist ein Trugschluss oder ein Werbeslogan der Rüstungsindustrie. Es gibt genug Beispiele, wie Streitkräfte mit kleineren Budgets und mehr Kreativität eine höhere Wirkung erzielen. Dazu braucht es erst einmal eine ehrliche Standortbestimmung. Doch bereits bei der Erfassung der geopolitischen “Grosswetterlage”, versagt die Schweiz kläglich.
Anmerkung: Der Text war ursprünglich für eine Medien-Plattform vorgesehen, wurde dann aber im letzten Moment vom Verleger “zensiert” und offline geschaltet.
Imperien kommen und gehen. Das war schon immer so. In den letzten 500 Jahren erreichte England und im 20. Jahrhundert die USA die Spitze. Stets bemüht, den Einfluss über Länder und Gebiete auszudehnen, Rohstoffe günstig zu beschaffen, Märkte für die eigenen Produkte zu erschliessen und Konkurrenten nieder zu halten wurden die USA zum aktuellen Hegemon. Doch der Stern sinkt. Zu sehr drücken Doppelmoral, die situative Auslegung von Regeln (“regelbasierte Weltordnung”), die Unterwanderung von Regierungen und die Machtprojektion über die rund 900 weltweiten Militärbasen auf das Image.
Immer mehr Staaten wenden sich von den USA und den ihnen treu ergebenen Europäern ab, z.B. in Afrika und im Mittleren Osten. In Westafrika müssen europäische und US-Militärbasen geschlossen werden und Frankreich verliert den Zugang zu günstigem Uran. Der US-Dollar wird immer weniger für den internationalen Handel verwendet und verliert seine Stellung als Weltwährung und Sanktionsmittel. Der “Westen” isoliert sich gerade selbst. Eine tektonische Verschiebung der globalen Machtverhältnisse ist im Gang – unaufhaltsam! Selbst Trump wird dies nicht ändern können.
Dabei sah es zunächst gut aus für die Amerikaner: Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion lag der russische Bär am Boden und seine Reichtümer sollten an westliche Unternehmen verteilt werden. Der Zugang zu fast unermessliche Ressourcen hätten die Vormachtstellung des Westens im 21. Jahrhundert zementiert. Doch mit Vladimir Putin änderte sich alles. Er brachte es fertig, Russland wieder ganz nach oben zu bringen, wo Respekt, menschliche Werte, Familie, Leistungsbereitschaft, Innovation und gute Beziehungen noch als Tugenden gelten. Kein Wunder, wird er im Westen als “Bedrohung” dargestellt und musste bekämpft werden. Die RAND Corporation empfahl darauf, Russland zu “überdehnen”. Und so kommt es, dass viele Länder um Russland destabilisiert und seit Jahren als unruhestiftender Stellvertreter gegen Russland aufgebaut werden (z.B. Ukraine, Moldawien oder Armenien).
Die BRICS-Staaten, allen voran Russland und China, bieten neu eine starke und für viele Länder attraktive, multipolare Alternative – und sie wächst kontinuierlich. Der “Globale Süden” sieht, dass sich die neuen, gutmütigen (!) Machtzentren den unbeliebten Amerikaner entgegenstellen. Die Länder dieser “globalen Mehrheit” nehmen zur Kenntnis, dass sich Russland sowohl militärisch wie auch wirtschaftlich erfolgreich gegenüber dem Westen behaupten kann. Heute gehört Russland – trotz bzw. dank der Sanktionen – wirtschaftlich zu den grössten Wirtschaftsmächten, wächst und hat selbst Deutschland überholt.
Die Länder ausserhalb der westlichen Blase gewinnen immer mehr an Selbstvertrauen. Die Angst vor Sanktionen des Westens und organisierten Farbrevolutionen sinkt. Entsprechend wächst die Liste der BRICS-Kandidaten und Partner immer schneller. Die Konferenz in Kazan wurde vom Rest der Welt sehr interessiert verfolgt.
Dieser Aufstieg blieb der westlichen Bevölkerung – und damit auch dem Grossteil der Politik – dank gelenkter Medien sowie eigenverschuldeter Ignoranz und Überheblichkeit verborgen. Die europäischen Staats- und Leitmedien lassen alles weg, was dem aus Washington vorgegebenen Narrativ widerspricht. Die Nachrichtendienste werden aus Langley gleichgeschaltet. Wie sonst wäre es möglich gewesen, dass Politik und Armeeführungen die militärische und wirtschaftliche Stärke Russlands so unterschätzt haben? Oder wie lässt sich sonst erklären, dass die Europäer mit Abstand lieber Kamala Harris gewählt hätten? Neutrale Berichterstattung? Leider nein.
Überhaupt lebt der Westen komplett im “Lala-Land”. Lieber beschäftigt man sich mit irrelevanten Fragen und lässt sich mit hohlen Phrasen abspeisen. Brot und Spiele wie im alten Rom beherrschen die Gesellschaft. Die Demokratie wird verteidigt, indem man demokratisch gewählte Parteien ausgrenzt oder sogar verbieten will. Wahlgewinner erhalten keinen Auftrag zur Regierungsbildung. Eine unfähige, uninformierte Politikerklasse klammert sich an der Macht fest und führt uns immer näher an zum wirtschaftlichen Kollaps oder sogar den 3. Weltkrieg.
Deutschland, seit fast 80 Jahren treuer und naiver Vasall der Amerikaner, opfern sich zu Gunsten der Amerikaner. Das hat System. Der erste Generalsekretär der NATO, Ismay, beschrieb einst das Ziel der NATO mit: “to keep the Russians out, the Americans in, and the Germans down.” Nord-Stream 2, von den USA über Jahre mit allen Mitteln verzögert, sanktioniert und behindert, wurde mit lauter Ansage gesprengt. Den noch intakten Strang will Deutschland aber keinesfalls nutzen. Lieber kauft man US “Freedom-Gas” zum dreifachen Preis. Deutschland (und bald ganz Europa) vernichtet so – selbstverschuldet – den Industriestandort mit Tausenden von Arbeitsplätzen. Gewinner sind v.a. die USA, die aus Deutschland fliehende Unternehmen gerne aufnehmen. Schliesslich übersteigt die Zinslast der USA dieses Jahr die Marke von USD 1’000’000’000’000 (> 1 Bio.) – mehr als für das Militär eingesetzt wird. Da sind Steuereinnahmen willkommen.
Mittendrin die Schweiz, welche von all diesen Entwicklungen kaum Notiz nimmt, sie nicht stringent erklären und schon gar keine Konsequenzen herleiten kann. Der kürzlich veröffentlichte Lagebericht des NDB ist Zeuge dieser völligen Verkennung der Lage. Und in diesem geistigen Vakuum und völliger Orientierungslosigkeit sollen wir bereits wieder über mehr Geld für die Armee diskutieren? Stimmt denn die “Allgemeine Richtung”? Nein, ganz offensichtlich stimmt hier gar nichts mit der Realität überein.
Teil 2 folgt…