Im letzten Jahr habe ich den deutschen Bundespräsidenten Horst Köhler noch überschwänglich gelobt. Dieses Jahr sieht nicht nur die Situation an den Börsen und dem Arbeitsmarkt schlechter aus, es sind auch Wahlen angesagt in Deutschland. Kaum verwunderlich deshalb, dass Horst Köhler in seiner “Berliner Rede 2009” den Spagat versucht und sich dabei mächtig widerspricht. Hier ein “Worst of”:
Wir erleben das Ergebnis fehlender Transparenz, Laxheit, unzureichender Aufsicht und von Risikoentscheidungen ohne persönliche Haftung. Wir erleben das Ergebnis von Freiheit ohne Verantwortung.
Ja was jetzt nun? Mehr Verantwortung und gleichzeitig stärkere Aufsicht widersprechen sich doch fundamental. Entweder der Staat schaut auf meine Risiken oder ich trage die Verantwortung… Laxheit: Sehr wohl – aber v.a. bei den Aufsichtsbehörden, die stets zu spät kommen.
Jetzt erleben wir, dass es der Markt allein nicht richtet.
Na, was macht denn der Markt aktuell? Er baut jenen Alkohol ab, der zuvor an der grossen Party gesoffen wurde. Der Markt funktioniert hervorragend! Die Rezession ist die Lösung, nicht das Problem! Das Problem war der Boom, der dank zu grosser Liquidität (!) überschoss. Hier fehlen Köhler die fundamentalen Grundlagen der Oekonomie.
Freiheit ist ein Gut, das stark macht. Aber es darf nicht zum Recht des Stärkeren werden.
Das ist aber Marktwirtschaft. Wer stärker und grösser ist, kann die Preise zu seinen Gunsten beeinflussen, schafft Effizienz und Gewinn, investiert und schafft Arbeitsplätze… Was ist daran falsch?
Was zum Beispiel Barack Obama für die Wirtschaft und Gesellschaft der Vereinigten Staaten anstrebt, das ähnelt in Grundzügen unserem Modell der Sozialen Marktwirtschaft.
Ich bin gespannt, was Köhler sagt, wenn er sieht, wohin die Reise mit Obama geht. Dann wird er wohl kaum mehr einen Vergleich machen wollen. Aber wie gesagt: Es ist Wahljahr und da tut ein Vergleich mit einem Polit-Star der eigenen Partei gut.
Unmittelbar gilt es, den Geldkreislauf wieder in Gang zu bringen.
Das Problem ist nicht Liquidität, sondern Solvenz (siehe Anlagekommentar Nr 262 von der Bank Wegelin).
Die internationalen Finanzmärkte brauchen eine neue Ordnung durch bessere Regeln, effektive Aufsicht und wirksame Haftung.
Die wirksamste und gleichzeitig günstigste Haftung gibt es nur in der Marktwirtschaft. Es braucht keine besseren Regeln und schon gar nicht mehr Staat oder Aufsichtsorgane (siehe oben).
Die Konjunkturprogramme schaffen Nachfrage und helfen den Betrieben, durch die Krise zu kommen. Die staatlichen Hilfen für Banken und Betriebe kosten viel Geld. Dafür muss jetzt auch eine höhere Staatsverschuldung in Kauf genommen werden. Aber sie ist nur zu rechtfertigen, wenn das Geld klug eingesetzt wird.
1) Nachfrage lässt sich nicht künstlich erschaffen – Keynes hat NIE funktioniert! 2) Noch eine höhere Staatsverschuldung??? 3) Seit wann setzt der Staat sein Geld klug ein? Wenn dem so sein sollte, müssten gar keine Staatsdefizite und Staatsschulden vorhanden sein, weil er ja nachhaltige Nachfrage generiert und so mehr Steuereinnahmen erhält. Damit liesse sich die Schuld abtragen. Doch die Verschuldung wächst!
Die globale Krise verlangt eine globale Antwort.
Lernen wir nicht: Denke global, handle lokal? Heisst eine “globale Antwort” wohl einfach “unglaublich viel Geld”?
Darum verpflichten wir uns schon jetzt verbindlich, die Staatsschulden wieder zurückzuführen, sobald die Krise überstanden ist.
Die Worte höre ich wohl, allein mir fehlt der Glaube! Wann hat das Land in den letzten Jahrzehnten einmal in einer Hochkonjunktur wirklich Schulden massiv abgebaut? Aktuelle Zahlen hier.
Freiheit gewinnen durch Bündelung von Souveränität.
Tönt wahnsinnig gut – aber was heisst es? Souveränität = Selbstbestimmung. Gebündelte Selbstbestimmung ist demnach… mehr Freiheit??? Sorry, für diesen Purzelbaum bin ich zu doof.
Wir wollen gemeinsam beschließen, nicht mehr auf Kosten anderer zu leben.
Super! Ein toller Vorsatz! Zu dumm nur, dass Deutschland durch die immense Schuld von fast EUR 1 Bio. 1’000’000 Millionen auf Kosten der zukünftigen Generation lebt!
Warum haben wir die Pflege alter Menschen zu Hause oder die Versorgung kleiner Kinder so lange in die Schwarzarbeit gedrängt?
Wie bitte??? Was die Mutter zuhause tut, ist Schwarzarbeit? Gohts no?
Ob derart viel Schwachsinn kann ich nur den Kopf schütteln und allen eine Gute Nacht wünschen – insbesondere in Deutschland…
Dass Keynes nie funktioniert hat, ist schlicht falsch. Wirtschaftswissenschaftler haben schon Studien zu diesem Thema gemacht. In Deutschland, wo relativ häufig Konjunkturprogramme aufgelegt wurden, dauerten Konjunkturkrisen durchschnittlich 12 Monate, in den USA, wo das absolut verpönt war und dementsprechend nichts dergleichen unternommen wurde, belief sich die Durchschnittsdauer auf 28 Monate. Was auch selbsternannte Keynesianer gerne mal vergessen haben, war das Zurückzahlen der Schulden in guten Zeiten. Aber das haben auch konservative Regierungen, teilweise sogar noch viel extremer als wirtschaftslinke Regierungen.
Wie man jetzt noch behaupten kann, mit weniger Regulierung ginge alles besser, ist mir schleierhaft… Genau jetzt haben wir doch gesehen, dass eine solche Krise gerade durch einen Mangel an Regulierung in den Bereichen, in denen sie in den letzten Jahren abgeschafft wurde, begünstigt wurde.
Wenn diese Stimulierungspakete und all diese staatlichen Ausgaben so förderlich sind, wieso blähen wir den Staat nicht wie beim Sozialismus weiter auf und profitieren davon? Ganz einfach: Weil es nicht funktioniert!
Ich kenne diese Studien nicht, aber ich bezweifle die positive Abhängigkeit der beiden Faktoren.
Wenn Regierungen – egal ob links oder rechts orientiert – die Schulden nicht zurückbezahlen, wieso lassen wir als Bürger dann solche Schulden überhaupt zu und bejubeln die Ausweitung der Staatsschuld?
Das Problem lag nicht in den zu wenigen Regulierungen, sondern an ZU VIEL staatlichem Eingreifen! So werden falsche Anreize geschaffen, die dann zu diesem Fehlverhalten führen. Machen Sie sich bitte schlau, woher die Krise wirklich kommt – es waren die Politiker, welche in den USA abstruse Ziele verfolgt haben!
Und zum Schluss: Wo wurden denn in den letzten Jahren Regeln abgeschafft? Im Finanzbereich? Wohl kaum! (“Corporate Governance”, “Sarbanes Oxley”, “Basel II”…)
Nehmen wir erst einmal die Steuern auf Börsenerlöse, die abgeschafft wurden… Börsenumsatzsteuer? Fehlanzeige… Der Aktienmarkt ist derart aufgebläht, das Volumen von Finanztransaktionen ist 74 mal so groß wie das Welt-BIP, man sieht allein an dieser Zahl schon, wie schnell und unkontrolliert der Kapitalfluss geworden ist.
2004 wurden die Hedge-Fonds hierzulande erst erlaubt (Investmentmodernisierungsgesetz).
Der Verbriefungsmarkt führt dazu, dass immense Risiken eingegangen werden, weil man sie ja verbriefen kann (2003: Gesetz zur Förderung von Kleinunternehmen und zur Verbesserung von Unternehmensfinanzierung; Eine Lachnummer, dieser Name). So gibt’s dann Banken, die diese Risiken aufnehmen, pleite gehen, wenn auch nur 2 oder 3 Schadensfälle eintreten und schon sind alle “versicherten” Banken gar nicht mehr so sicher, können ja im Falle einer Pleite auch nichts zahlen, mangels Eigenrücklagen, weil sie ja versichert waren.
7. Gesetz zur Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes (2005): Betriebliche kapitalgedecke Altersvorsorge darf nun auch börslich gehandelt werden –> Zocken mit der Rente von anderen.
True-Sale-Initiative (2004): Seitdem sind sogar Genossenschaftsbanken und Sparkassen im Verbriefungsgeschäft dabei… Risiken sind selbst da keine mehr…
Dass sämtliche Ratings purer Schwachsinn sind, sieht man daran, von wem die Rating-Agenturen bezahlt werden… Da bewertet quasi der Verkäufer… Himmelarschundzwirn, das ist doch nur eine nominelle Kontrolle, aber faktisch ist da nix hinter…
Corporate Governance war eine Luftnummer… Klar, Gehälter wurden halt transparenter, aber explodiert sind sie trotzdem…
Ich würd sagen, ich höre hier mal auf, obwohl ich noch relativ lange weitermachen könnte, mir fehlt gerade einfach die Zeit…