Was wir über das Krisenmanagement von den Dakota-Indianern lernen könn(t)en

In der Schweizerzeit vom 10. Dezember 2021 identifiziert Michael Trachsel das Übel der politischen Situation im fehlenden Wissen über den Planungs- und Führungsprozess. Der Präsident der SOG hat in seiner Kolumne in der ASMZ-Ausgabe 03-2021 sowie in der NZZ vom 08.05.2021 (“Dass die Führungsstärke des Militärs fehlt, zeigt sich jetzt deutlich”) dafür plädiert, dass es zur erfolgreichen Bewältigung komplexer, künftiger Bedrohungen “einfache und schlanke Strukturen [braucht], die nicht einmal neu zu erfinden sind. Gefragt ist einzig [sic!] der Antrieb aller, auch in einer Krise besser und zu Spitzenleistungen fähig zu sein.”

Die Autoren – und mit ihnen weitere Personen in anderen Publikationen – stellen zurecht fest, dass das Krisenmanagement der Schweiz schon besser war und Handlungsbedarf besteht. Soweit pflichte ich ihnen bei. Die Ursache für die Misere dürfte aber tiefer zu finden sein: In der ungenügenden Bedrohungs- bzw. Lageanalyse.

Bevor wir uns also über die Massnahmen, Strukturen, Ausbildung, Motivation, finanziellen Ressourcen, Gesetzen und Verordnungen und der personellen Besetzung der (meist gut bezahlten) Posten unterhalten, müssen wir einen Schritt zurück gehen und uns fragen, ob wir allenfalls ein Problem haben und wo die Wurzeln des Problems liegen. Im Militär spricht man von der “Problemerfassung”. 

Die militärische Problemerfassung greift dabei aber zu kurz: Im Auftrag steckt bereits das darunterliegende Problem selbst. Ein Hinterfragen der Situation oder des Auftrags selbst ist nie Teil der Problemerfassung. Diesen Teil überlässt man der “vorgesetzten Stelle”. Eine Fehlbeurteilung pflanzt sich so systembedingt durch alle Hierarchien fort. Selbst die Gerichte hinterfragen aktuell die Corona-Lage nicht und entscheiden mit Verweis auf die Lagebeurteilung der Verwaltung. Ein Realitäts-Check findet gar nicht mehr statt. Haben wir aber möglicherweise gerade deshalb ein Problem?


Die aktuellen Feindbilder der Politik könnten deutlicher nicht sein: Auf geopolitischer Stufe sind dies – je nach aktueller Präferenz – Russland, China, Weissrussland, Syrien, Iran, Nord-Korea, Venezuela, usw. Vor 10 Jahren gehörte noch Libyen dazu, bevor es von der NATO in einem kriegerischen Akt der humanitären Nächstenliebe und ohne UNO-Mandat oder Hilfegesuch zu einem prosperierenden, demokratischen Land “verwandelt” wurde – so jedenfalls die Absicht. Ganz schlimm ist auch das CO2, welches in seiner Luft-Konzentration von 0.04% unseren Planeten und damit die gesamte Menschheit bedroht, obschon es seit Millionen von Jahren Grundlage für die nahrungs- und atemluftspendende Vegetation ist. Und seit zwei Jahren droht ein angeblich völlig neues Virus die gesamte Menschheit innert Tagen auszurotten bzw. die Spitäler zu überlasten, wenn wir nicht schleunigst unser Immunsystem mit einer innert weniger Stunden entwickelten, nicht ordentlich zugelassenen “Impfung” verbessern. Um es mit einem Historiker zu sagen: “Ein klares Feindbild gibt dem Tag Struktur“. So ist es. 

Auf Basis dieser recht einfach gestrickten, “globalen” Feindbilder wird das Krisenmanagement gestartet. Mit allen erdenklichen Mitteln, (neuen) Gesetzen, willkürlichen Massnahmen, Sanktionen, Drohungen, Steuern, Verboten – kurzum: mit allerlei bürokratischen Ideen wird gegen die vermeintlichen Gefahren gearbeitet. Bildlich mit dem toten Pferd der Dakota-Indianer gesprochen: Wir bilden eine Task-Force und besorgen uns eine stärkere Peitsche, um das (tote?!) Pferd schneller zu reiten.

Nur teilweise wundern sich die Verantwortlichen, dass der Erfolg aus bleibt. Wer sich nicht hinterfragt, glaubt sich auf dem rechten Weg und verdoppelt die Anstrengungen, denn mit einer zweiten Peitsche wird das tote Pferd doppelt so schnell rennen! “Die Definition von Wahnsinn ist, immer das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.” (Albert Einstein).

Dabei kann es nicht besser werden. Denn was nützt ein Kampf gegen X, wenn Y das Problem ist? Oder wieso will man sich nach Vorne schützen, wenn die Schüsse von hinten kommen? 

Dass mit den getroffenen Massnahmen das Grundproblem – wenn es denn ein solches geben sollte – nicht gelöst werden kann, fällt offenbar nur Dakota-Indianern, “Corona-Schwurblern” und “Verschwörungstheoretikern” auf. Diese stören mit ihren “kruden, abwägigen Gedanken”, faktenbasierten, wissenschaftlichen Studien, logischen Schlüssen, dem gesunden Menschenverstand, Demonstrationen, Referenden und anderen gewaltlosen Widerständen nur die Ausschüsse, Task-Forces, Stäbe und Regierungen bei ihrer Arbeit. “Lasst uns mit der Realität in Ruhe – wir haben zu arbeiten!” Die Inkompetenz solcher “Krisenmanager” wird gepaart mit Ignoranz und Arroganz. Da sind “Spitzenleistungen” natürlich naturgegeben… (Ironie off) Für Entscheidungsträger sind dies schlechte Eigenschaften. Anstatt die Kritiker einzubinden, deren Bedenken und Lösungen anzuhören und auszuprobieren lässt man sie lieber die harte Hand des Gesetzes bzw. der Obrigkeit spüren oder gibt sie der medialen Lächerlichkeit preis. Dieser Umgang mit den aufgeklärten Bürgern, dem Souverän, dem Auftraggeber der Behörden, ist einer Demokratie unwürdig.

Anstelle von Meinungs-Inquisition und alternativloser Einwegpolitik wären offene Diskussionen und der intellektuelle Kampf um Ideen und Fakten gefordert und nicht das Nachbeten von Schlagzeilen in den gekauften Medien. Die Schweiz mit ihrer Direkten Demokratie wäre zu dieser sachlichen Auseinandersetzung institutionell und historisch prädestiniert.

Doch zu viele hoch dekorierte Experten und Führungspersonen könnten dabei ihr Gesicht verlieren, weshalb dieser Austausch und die gegenteiligen Meinungen unterbunden werden müssen. Die Frage sei aber erlaubt: Gab es in der Geschichte schon je einmal den Fall, wo die Guten zum Mittel der Zensur gegriffen haben und sich die Wahrheit nur dank Unterdrückung der gegenteiligen Meinung durchsetzen konnte? 

Auch die staatsnahen oder staatlich subventionierten Medien sägen nicht am Ast, auf dem sie sitzen und stellen kaum kritische Fragen bzw. man lässt sich von der Exekutive die Berichte und Kernbotschaften diktieren – oder schreibt sie gerade selbst. Die Medien geben eine (audio-)visuelle “Realität” vor, ohne sie vorab mit der echten Realität zu vergleichen, oder negieren – wider besseren Wissens – die echte Realität bewusst (“Lügenpresse”). Und weil die Fussballresultate der Medien bisher immer richtig rapportiert wurden und man uns ständig von den “Qualitätsmedien” vorschwärmt, haben nur wenige Menschen die Kraft, sich diesem Propaganda-Flächenfeuer zu entziehen, selbst zu recherchieren, zu denken und zu eigenen Schlüssen zu kommen. Viele der unterwürfigen, fügsamen Bürger [!], welche v.a. finanziell für die Fehlentscheide der Regierungen bürgen [sic!], werfen lieber den Gesunden Menschenverstand über Bord, als dass sie eingestehen würden, dass man sie seit Jahren über’s Ohr haut. Wieso soll das Pferd tot sein, wenn ich im Fernsehen sehe, wie quicklebendig es auf einer saftigen Wiese herumspringt? 


Wo liegt nun also das Problem? Beim Krisenmanagement? Höchstens sekundär. Zunächst liegt es bei der Lage- bzw. Bedrohungsanalyse. Kritische, unbequeme Fragen sind nötig: Haben wir wirklich ein klares Bild von den Bedrohungen und Gefahren? Sind die Gefahren real, aussergewöhnlich oder nur ein Phantom der Mächtigen und ihrer gekauften Medien? Können wir wirklich auf den Einschätzungen von “Sicherheit Schweiz”, dem Lagebericht des NDB oder sogar der WHO aufbauen und entscheiden? Werden möglicherweise Ursache und Wirkung, Aktion und Reaktion verwechselt? Sind die Beurteilungen neutral und ausgewogen oder folgen sie einer (geo)politischen Agenda? Welche (meist finanziellen) Interessen könnten im Spiel sein? Sind die Absichten der NGOs wirklich selbstlos und neutral? Hat man sich diese Fragen nur schon einmal gestellt und sie vertieft geprüft? Oder hat man dazu einfach gerade keine Zeit? So wie bei der aktuellen (Corona-)Staatskrise.

Exemplarisch ist die behördliche Art der Lagebeurteilung in dieser sog. “Pandemie”: Sie ist absolut unbrauchbar. Kein Wunder ist der Erfolg (der sich ja insbesondere bei einem Vergleich mit anderen Ländern mit gegenteiligen oder nicht verhängten Massnahmen herausstellen müsste) mehr als dürftig oder sogar negativ korreliert. Oft wird als Erfolg verkauft, was sowieso einem natürlichen, saisonalen Prozess folgt. Es ist, wie wenn der Bundesrat sich selbst auf die Schultern klopft, wenn im Sommer die Lawinengefahr in den Bergen “dank” der Einführung einer Schneesteuer abnimmt. Damit das Narrativ passend bleibt, lässt er anschliessend auch bewusst weg, dass im nächsten Winter die Gefahr – naturgegeben – wieder zunimmt.


Wir alle sind dazu aufgerufen, selbst die Lagen zu prüfen. Fragen wir uns, welche Faktenlage vorliegen müsste, damit wir uns von unserer Position verabschieden könnten. Seien wir auch uns gegenüber kritisch, setzen wir unsere Denkkraft dem Mainstream widersprechende Beiträge aus, hinterfragen wir “Gewissheiten” und Schlagzeilen, Prüfen wir das Gegenteil – unabhängig vom Überbringer der Nachricht.

Sonst fallen wir einem “Geopolitischen Fehler zweiter Art” zum Opfer: Die Auswahl an Stichproben, Messungen, Beurteilungen sind just so irreführend, dass wir zu einem falschen Schluss kommen. Das wäre fatal. Selbst das beste Krisenmanagement und die Befolgung der Planungs- und Führungsprozesse würde uns dann nicht mehr helfen. Die Massnahmen wären kontraproduktiv, richten mehr Schaden an oder “wenden” Inexistentes ab.

Doch genau darin sind wir heute gefangen: In einer umfassenden, staatlich getriebenen Fehlbeurteilung wie es sie seit dem geozentrischen Weltbild nicht mehr gegeben hat. In den wichtigsten Themen folgen wir falschen Beurteilungen: CO2/Klima, Corona, Energie, Russland/Ukraine, Terror, … Ohne Rückbesinnung auf die Realität werden wir nicht nur mit wehenden Fahnen in den nächsten Krieg in Europa geraten sondern auch unsere wirtschaftliche und gesellschaftliche Grundlage selbstverschuldet zerstören. 

Auch Gustav Däniker hat diesen fundamentalen Fehler in der Sicherheitspolitik der Schweiz offenbar erkannt. In einen Beitrag vom 18. Januar 2022 auf insideparadeplatz.ch schreibt Klaus Stöhlker: “Ich erinnere mich an den letzten grossen Schweizer Divisionär, Gustav Däniker. Ein kalter Krieger ersten Ranges. Eines Tages schaute er mich entsetzt an und sagte: „Stöhlker, wir haben alles richtig gemacht, aber in die falsche Richtung.“”

Es wird Zeit, die Fehlbeurteilungen zu erkennen und einen Kurswechsel einzuleiten. In vielfacher Hinsicht rufe ich deshalb in die Runde: “Das Pferd ist tot! Steigt (endlich) ab! Sattelt um und startet in die andere Richtung!

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2 Responses to Was wir über das Krisenmanagement von den Dakota-Indianern lernen könn(t)en

  1. Lukas Wenger says:

    Das Zitat von Div Gustav Däniker: „Stöhlker, wir haben alles richtig gemacht, aber in die falsche Richtung” würde ich heute so verwenden: „Wir haben fast nichts richtig gemacht, und das auch noch meist in die falsche Richtung.” – Darüber hinaus sollte doch noch darauf hingewiesen sein, dass es nicht um ein „angebliches” Virus und um eine „angebliche” Pandemie handelt, sondern um reale und unzweifehalft nachweisbare Umweltfaktoren. Polemik zu etwas Unzweifelhaften ist nur dumm und nimmt den Fokus vom eigentlichen Punkt im Artikel, der wichigen Kernaussage: das Krisenmanagement, wie es Däniker als SCOS einst gelehrt hat, ist dahin und funktioniert nicht mehr. Das sollte öffentlich viel mehr zu denken geben.

  2. Pingback: Alle roten Pfeile kamen aus dem Osten – zu Recht? | Blog der unbequemen Fragen

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