Verzerrtes oekonomisches Weltbild der SNB

Selbstverständlich müssen die neuen Mitarbeiter in der Kommunikationsabteilung der SNB auch etwas zu tun haben. Schliesslich will man Politik und Volk von der Richtigkeit des ökonomischen Weltbildes der SNB überzeugen. Wie sehr jedoch dieses Bild von der Realität entfernt ist, kann man im neuen Kurzportrait der SNB nachlesen. Doch zuerst ein Blick auf die aktuelle Nachricht aus dem finanzpolitischen Zentrum der Macht:

Hurra – ein Bewertungsgewinn!

Die SNB schreibt wieder einen Gewinn! – Hurra! Die SNB kann für das Gesamtjahr einen “Bewertungsgewinn” beim Gold von CHF 5 Mrd. verbuchen, im dritten Quartal alleine CHF 6,5 Mrd. Wow! Hier kam auch die “Dollaraufwertung” zum Tragen.

Wie üblich, gibt es auch noch eine andere Seite der Betrachtung dieses Ergebnisses. Es liesst sich so: “Gegenüber Gold hat der Schweizer Franken sich um CHF 5 Mrd., bzw. im dritten Quartal um CHF 6,5 Mrd. abgewertet. Die Schweiz ist also gesamthaft um diese Summe ärmer geworden. Verantwortlich dafür ist auch die Intervention der SNB, welche den Schweizer Franken abwertete und so gegenüber anderen Währungen wie dem US Dollar schwächte.”

…aber wer misst schon das Vermögen in Gold? Die SNB sicher nicht mehr.

Die Rolle des Goldes

Auf Seite 5 des “Kurzportraits” schreibt denn auch die SNB:

“Zur Zeit der Gründung der Nationalbank beruhte das Geld- und Währungswesen weltweit auf dem festen Verhältnis der Währungen zum Gold. In diesem Umfeld hatte die Nationalbank den Auftrag, «den Geldumlauf zu regeln und den Zahlungsverkehr zu erleichtern». Sie war dabei verpflichtet, Banknoten auf Verlangen in Gold umzutauschen.

Seit damals hat sich das Geld- und Währungswesen stark gewandelt. Gold spielt als Anker des internationalen Geld- und Währungssystems keine Rolle [!!!] mehr, und die Banknoten haben im Vergleich zum Buchgeld an Bedeutung verloren. Gleich geblieben ist dagegen die Aufgabe der Nationalbank, ihre Geldpolitik so zu gestalten, dass der Wert des Geldes stabil bleibt und die Volkswirtschaft sich entfalten kann.”

Quelle: SNB

Es stellen sich ein paar Fragen:

  • Wieso wurde wohl zur Gründung der SNB ein fester Kurs zum Gold vorgeschrieben?
  • Könnte man anstelle von “Geld- und Währungswesen” auch “Geld- und Währungssystem” sagen? Wer hat dann am System herumgedoktert? Und wieso?
  • Wenn Gold keine Rolle mehr spielt, wieso kaufen Zentralbanken weiterhin Gold?
  • Könnte es sein, dass das Gold – es spielt ja keine Rolle mehr – anderen Parteien ausgeliehen wurde? Ja, ist es: Die Erträge aus Goldgeschäften weisen darauf hin. Ausserdem steht es auch im Kurzportrait:
  • Wieso hält die SNB “[…] die Währungsreserven hauptsächlich in Form von Devisenanlagen und Gold” wenn Gold doch keine Rolle mehr spielt?
  • Wie kann der Wert des Geldes “stabil” sein, wenn es nur noch als eine Zahl in einem System besteht?

Goldgeschäfte der SNB

Es gibt noch weitere, aufschlussreiche Zeilen:

Das Gold umfasst den physischen Goldbestand und die Forderungen aus Goldgeschäften.” 

Zur Bewirtschaftung des Goldbestandes leiht die Nationalbank einen kleinen Teil des Goldes auf besicherter Basis an erstklassige in- und ausländische Finanzinstitute aus. Als Entgelt für die vorübergehende Überlassung des Goldes erhält sie einen Zins.” 

Wieso soll man einem Finanzinstitut Gold überlassen und dafür einen Zins erhalten, wenn dieses Finanzinstitut mit dem Gold handelt/”spekuliert” und damit das Volksvermögen aufs Spiel setzt? Wie sonst kann ein Finanzinstitut (sind das nur Banken?) mit einem Wert, dem “keine Rolle” mehr zukommt, die Zinsen erwirtschaften? Wenn diese Finanzinstitute das Gold am Markt verkauft (short-selling), ist das im Interesse der SNB? Offenbar nicht, denn ein “Bewertungsgewinn” entsteht nur bei steigenden Preisen.

Goldmenge und Bewertung

Auf Seite 32 wird der Wert des SNB Goldes der letzten fünf Jahre aufgelistet. Für 2006 beträgt der Wert des Goldes CHF 32,2 Mrd. Per Ende 2010 betrug der Wert CHF 44,0 Mrd. Mit dem Bewertungsgewinn von CHF 5 Mrd. ergibt das einen aktuellen Wert von CHF 49 Mrd.

Was hat der Goldpreis in dieser Zeit gemacht. Dazu verwenden wir die Preisentwicklung des ZKB Gold ETF (unhedged). In den letzten fünf Jahren hat dieser um 94% zugelegt.

Auf den Wert der Goldanlagen der SNB umgerechnet heisst das doch, dass – ausgehend vom Wert heute – der Wert vor fünf Jahren (also 2006) CHF 25,2 Mrd. hätte betragen müssen. Doch der Wert betrug CHF 32,2 Mrd. Woher die Differenz von immerhin CHF 7 Mrd. oder 27,7%??? Hat die SNB in den letzten Jahren Gold verkauft?

Anders herum: Wenn der Wert des Goldes der SNB seit 2006 ebenfalls mit 94% zugelegt hat, dann müsste die aktuelle Bewertung doch CHF 62,5 Mrd. betragen, oder 27,5% mehr?!

Was geht hier ab?

Internationale Zusammenarbeit

Über dieses Thema auf den Seiten 20 und 21 könnte man einen eigenen Beitrag verfassen. Ich belasse es bei der Bemerkung, dass wir von diesen Mafia-Verbänden die Finger lassen sollten!

Preisstabilität

Achtung, hier läuft die Propagandamaschine auf Hochtouren!

“Die Nationalbank setzt Preisstabilität mit einem Anstieg des Landesindexes der Konsumentenpreise (LIK) von weniger als 2% pro Jahr gleich. […] Mit einer leicht positiven Teuerung trägt die Nationalbank insbesondere dem Umstand Rechnung, dass die Teuerung nicht präzise gemessen werden kann und die gemessene Teuerung die tatsächliche Teuerung tendenziell leicht überzeichnet.”

Quelle: SNB, Seite 6

Das Gegenteil ist wahr! Die gemessene Teuerung hinkt der effektiven Inflation (Geldmengenwachstum) ja immer etwa zwei Jahre hinterher. Die SNB-Bilanz aber wächst (und das nicht zu langsam). Also ist die effektive Inflation tendenziell höher als die gemessene Teuerung!

Man springt genüsslich zwischen ‘Teuerung’ und ‘Inflation’ hin und her ohne genau zwischen den beiden zu unterscheiden. Als “Inflation” wird definiert:

“Inflation (ein dauerhafter Anstieg des Preisniveaus)”

Völlig falsch! Das ist die “Teuerung”, also der gemessene Effekt aus Inflation!

Fazit

Gerne würde ich den Verantwortlichen die eine oder andere Frage stellen. Bei genauem Durchlesen und mit etwas österreichischer Wirtschaftsschule kommt man auf einige Punkte, die zum Nachdenken anregen. Der SNB kann nicht trauen, v.a. nicht, wenn viele Kommunikationsverantwortliche übernehmen und das Image der Institution in der Öffentlichkeit steuern wollen.

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1 Response to Verzerrtes oekonomisches Weltbild der SNB

  1. Ich finde es richtig die SNB grundlegend zu hinterfragen. Allerdings ist auch ein Goldstandard immer den politischen Fingerübungen ausgesetzt und wie die Geschichte zeigt, aus weiteren Gründen höchst volatil. Wo liegt das kleinere Übel? Oder wollen wir weiterdenken? Gibt es keine kreativeren Lösungen? Schliesslich stehen wir heute im Internetzeitalter und können privatwirtschaftlich alternative Währungssysteme aufbauen!… Ist Gold nicht eine Augenwischerei und kommt in jedem romatischen Märchen der Gebrüder Grimm vor? Das funktioniert auf der symbolischen Ebene gut, gibt aber noch keine Gewähr, dass die 100% Anbindung an Gold eine effizientere Währung darstellt. (Milton Friedman vergebe mir das… Und ich bin ein Wiener … 😉
    http://de.wikipedia.org/wiki/Goldstandard

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