Wunschdenken von Frau BR Amherd

Das VBS hat seit dem neuen Jahr eine Cheffin. Anlässlich der SOG-DV vom 16. März 2019 hat sie sich an die Offiziere gewandt und dabei einige interessante Äusserungen (Hervorhebungen durch den Autor) gemacht, so etwa zu den “Entwicklungen im internationalen Streitkräftebereich”:

“Wir stellen steigende Verteidigungsausgaben, eine Ausrichtung auf die Bekämpfung hybrider Bedrohungsformen, ein erneutes Schwergewicht auf die konventionelle Verteidigungsfähigkeit und die Rückkehr der nuklearen Abschreckung fest. Das führt, zusammengefasst zu einigen Erkenntnissen für unsere Armee:”

Ob es denn wirklich “Erkenntnisse” sind…? Egal, sie ist ja kein Offizier… Spannend ist jedoch die Passage, dass sich das Schwergewicht (!) erneut (!) auf die konventionelle Verteidigungsfähigkeit fokussiert. Spätestens da müssten doch alle Alarmglocken im VBS läuten, denn die Schweiz hat sich ja gerade definitiv von diesem Schwergewicht der Verteidigungsfähigkeit verabschiedet. Läuft man also der internationalen Entwicklung hinterher? DAS wäre ja mal eine Erkenntnis…! Und damit ist klar, sie hat in diesem Absatz bereits die Erkenntnisse geliefert. Hier kommen also die Konsequenzen von Frau Amherd für die Schweiz:

1. Antizipation stärken. Angesichts wachsender Unsicherheiten bezüglich den Entwicklungen im sicherheitsrelevanten Umfeld der Schweiz, sind die Antizipationsfähigkeiten der Armee zu stärken. Dabei geht es darum, im Zuge zunehmender Machtpolitik und Multipolarität, aber auch infolge der zunehmenden Digitalisierung und des Kampfes um Deutungshoheit, jederzeit eine eigenständige Lagebeurteilung sicherstellen zu können.

Es geht also um den Nachrichtendienst (NDB) mit seinen Analysten. Es geht auch um Quellen und v.a. politische Strömungen zu gewollten und nicht gewollten Erkenntnissen. Es wäre eine Rückkehr zur neutralen Beurteilung. Oder anders ausgedrückt: Frau Amherd müsste den “NATO-Sumpf” im NDB aber auch bei den Militärs trocken legen und andere Quellen und Meinungen zulassen. Das würde dann aber auch heissen, dass plötzlich wieder russische oder chinesische Flieger in die Endauswahl kommen dürften (weil eben politisch zugelassen). Glauben Sie daran? Eben, ich auch nicht! Kurzum: Die Antizipation wird weiterhin einseitig getrieben sein und die Deutungshoheit bleibt bei der NATO.

2. Auf vielfältige Bedrohungsformen ausrichten. In Anbetracht eines breiten Bedrohungs- und Gefahrenspektrums muss sich die Armee bereithalten, zahlreiche Herausforderungen mit kurzen Vorwarnzeiten im gesamten Einsatzspektrum gleichzeitig oder zeitlich gestaffelt im Rahmen des nationalen Sicherheitsverbundes bewältigen zu können.

Glaubt Frau Amherd, dass “hybride Bedrohungsformen” primär durch die Armee zu begegnen sind? Angesichts der Ereignisse in Venezuela müsste sie doch erkannt haben, dass es um “humanitäre Hilfe”, diplomatischem Druck, Einsetzung einer Gegenregierung, Wirtschaftssanktionen, Cyberangriffe auf die Stromversorgung und die Sperrung von Bankkonti, etc. geht – wobei, dazu bräuchte sie ja wieder die eigenständige Lagebeurteilung, hmmm…. Nein, gegen die hybride Bedrohung kann die Armee nun wirklich nur wenig beitragen. Hier wäre wieder der NDB gefordert, aber eben (siehe oben)…

Die Armee wäre aber das richtige Mittel, um gegen “konventionelle” Mittel vorzugehen bzw. darauf vorbereitet zu sein. Diese Mittel, so hat sie ja eben ausgeführt, gewinnen an Bedeutung (“erneutes Schwergewicht“). Wieso dann die Armee nicht darauf vorbereiten?

Dass die aktuelle Armee gerade eben NICHT imstande ist, “mit kurzen Vorwarnzeiten im gesamten Einsatzspektrum gleichzeitig” aktiv zu sein, habe ich im letzten Beitrag ausgeführt. Das “gesamte Einsatzspektrum” beinhaltet ja auch die Verteidigung (sorry, die “Fähigkeiten zur Abwehr eines militärischen Angriffs“) und diese gibt es ja nur nach jahrelangem, politisch gewolltem, weitsichtigem Wiederaufbau von etwa 20-30 Jahren. Wer hat hier ‘Widerspruch!’ gerufen?

Auch bezüglich der “Gleichzeitigkeit” macht man Frau Amherd offenbar etwas vor im VBS. Kann man ihr bitte einmal diese Grafik erläutern? Insbesondere den Teil “Ablösungen von Teilen” nachdem die Truppen “während Wochen” im Einsatz standen.

Fazit: Auch der zweite Punkt in reines Wunschdenken!

3. Leistungsfähigkeit der Armee in sämtlichen Lagen sicherstellen. Damit die Armee unabhängig von der Lage überhaupt als strategische Reserve des Bundes im Rahmen des Leistungsprofils eingesetzt werden kann und Einsätze erfolgreich gestalten werden können, muss sie alles daransetzen, die erwartete Leistungserbringung jederzeit, rasch und über längere Zeit sicherstellen zu können.

Muss ich mich wiederholen? Nein, oder?

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2 Responses to Wunschdenken von Frau BR Amherd

  1. Willy P. Stelzer says:

    Frau BR Amherd muss einen oder mehrere ihr nahe stehende Parlamentarier auffordern eine Motion einzureichen. Inhalt: Eingeleitete Eliminierung der Festungs Zwillingsmörser unverzüglich stoppen. Wir brauchen diese zum Schutz der “passage obligé” und zur Unterstützung der 16 verbliebenen Inf Bat.

  2. Gotthard FRICK says:

    Es freut mich, dass nun auch Frau BR Amherd merkt, dass sich die Sicherheitslage im Vergleich zu der, auf Grund derer die Armee abgeschafft wurde (WEA) und die im Sicherheitsbericht 2010 des widergegeben wurde, massiv verschlechtert hat. Sie ist mit ihrer Feststellung dem Kreis der den Ehrentitel “Ewiggestrige” Tragenden beigetreten, da sie auf das, was der Verfasser schon lange sagt und für das er von den Armeegegner diesen Titel bekam, jetzt auch sieht: die grossen, immer weiter verstärkten und modernisierten konventionellen Streitkräfte. Diese würden auch gegen unser Land eingesetzt, denn anders kann man ein Land nicht besetzen. Seit Jahren schreibt der Verfasser über das Thema (Zeitungen wie die NZZ publizieren solche Ansichten natürlich nicht) und weise darauf hin, dass wir selbstverschuldet wehrlos, in einen nächsten Krieg mit hineingerissen werden. Hoffentlich wird Frau BR Amherd in einer sehr baldigen Zukunft auch noch den richtigen Schluss ziehen, dass wir die Armee notfallmässig – wie Bundesrat Rudolf Minger 1935-39 – in einer enormen finanziellen und menschlichen Anstrengungen wieder so weit als möglich massiv verstärken müssten, damit sie wenigsten etwas “kriegsverhindernd” (BV Art. 58) werde. Das wär erfreulich. Ein normaler Aufbau ist vor einem denkbaren nächsten Krieg nicht mehr möglich, da das, wie im Artikel richtig gesagt wird, ganz wesentlich länger dauert, als die Zeit, die uns bis dahin ev. noch bleibt. Hat die Frau BR vielleicht sogar den Brief vom 11.12.2018 des Verfasser zu Ihrer Wahl mit seinem, von den on-line “Basler Liberalen Nachrichten” veröffentlichten und ihr mitgeschickten SICHERHEITSPOLITIK 2018 OHNE ILLUSIONEN gelesen? Erfreulicherweise konnte der Verf. in der „Basler Zeitung“ in der Spalte „Einspruch“ am 19.03.2019 Herrn Oberst R. Schärer widersprechen, der dort die Sicht des Bundesrates verteidigt hatte. (Cyberkrieg und kleine Spezialtruppen als einzige denkbare Bedrohung) .
    Gotthard Frick, Bottmingen.

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