Farblose Konzernchefs

Dominik Feldges von der ‘Finanz und Wirtschaft‘ hat in seinem Editorial vom 28. November 2009 die Konzernchefs kritisch analysiert. Er kommt dabei auf den nicht gerade schmeichelhaften Schluss, der sich in seinem Titel wiederfindet: “Farblose Konzernchefs”. Weiter führt er aus:

Die Biografien heutiger Konzernchefs sind oft austauschbar. Doch nicht nur das: Viele CEO wirken im persönlichen Auftritt farblos. In Gesprächen geben sie im Managerjargon Platitüden von sich. […]

«Der Kult vom gesichtslosen Chef», benannte letzthin das britische Wirtschaftsmagazin «The Economist» das Phänomen. Es beklagte, die Auftritte von Konzernlenkern auf TV-Wirtschaftssendern wie CNBC seien zum Verwechseln ähnlich. […]

Tatsächlich scheint es immer weniger Führungspersönlichkeiten von echtem Schrot und Korn zu geben. […]

Es scheint aber auch, als ob Vordenker, die mit ihren Ideen und Meinungen nicht hinter dem Berg halten, in vielen Unternehmen gar nicht mehr gefragt sind. […]

Starke Persönlichkeiten, die den Mut zum Querdenken haben, sich auch mit Andersdenkenden umgeben und die vor Neuheiten nicht zurückschrecken, bringen ein Unternehmen voran. Diese Erkenntnis sollte sich auch in den Universitäten wieder stärker durchsetzen. Viele Lehranstalten bringen einförmige Absolventen hervor. Weil der Unterricht – Stichwort Bologna-Reform – oft verschult ist, bleibt wenig Zeit für Grundsatzdiskussionen und die Entwicklung eigenständiger Ideen. […]

Die Analyse trifft ins Schwarze.

Auf der anderen Seite wurden die Regulierungen in den vergangenen Jahrzehnten ausgebaut. Ein immer dichter werdendes Netz an Vorschriften beschränkt die Handlungsfähigkeit der Chefs. Man sucht sich – besonders in den guten Jahren – lieber jene Manager, die in den vorgegebenen Schranken bleiben und ja nichts Neues ausprobieren. Wie oft habe ich schon von Verantwortlichen bei einer Präsentation gehört “Wer von der Konkurrenz hat das schon?” Man äfft lieber nach, als das Risiko einzugehen.

Risiko – das ist ein gutes Stichwort. Die letzten 10 bis 15 Jahre können durchaus als “einfach” bezeichnet werden. Natürlich gab es da die Globalisierung und das Internet. Dieses waren aber in erster Linie Chancen. Wirklich tiefgreifende Krisen wie wir sie aktuell erleben gabe es nicht oder sie waren nach sehr kurzer Zeit wieder vorbei (Russland, Argentinien, 9/11).

Die Nachfrage nach führungsstarken Persönlichkeiten nahm – getreu der marktwirtschaftlichen Grundlage – ab; Es gab ja keinen Bedarf, keine Krise. Wer dennoch als solcher auftrat, wurde belächelt und als ‘Gestriger’ oder ‘Militärkopf’ bezeichnet.

Die Armeereform XXI hat zudem ihren Teil dazu beigetragen. Mit der Aufhebung der Regimenter fielen die Regimentskommandanten im Range eines Obersten weg. Oft waren es genau diese Persönlichkeiten aus der Privatwirtschaft, welche dem Verband ihren Stempel aufdrückten. Die Kombination Unternehmer/Generaldirektor, Nationalrat, Regimentskommandant war im Land geläufig. Von dieser Sorte gibt es heute im Parlament nur noch wenige (z.B. Johann Schneider-Ammann). Bat Kommandanten sind dazu noch zu jung (um die 40), Brigadekommandanten zu selten und ausserdem oft Berufsoffiziere ohne Erfahrung aus der Wirtschaft.

Dumm nur, dass besonders in Krisenzeiten genau diese ausserordentlichen Führungspersönlichkeiten mit Erfahrung gesucht werden. Ein Oberst i Gst schrieb mir dazu in diesem Sommer:

“Man” erinnert sich auch in der Wirtschaft plötzlich wieder alter “generalstäblicher Tugenden” und die sind gefragt wie seit langem nicht mehr. Die Geschichte beginnt sich zu wiederholen.

Dominik Feldges hat vom Dreisatz “A-E-K” (Aussage – Erkenntnis – Konsequenz) nur das “A” beleuchtet. Seine Aussage stimmt. Der Frage, wieso dies heute der Fall ist, geht er nicht nach. Deshalb fehlen auch Empfehlungen, was zu tun ist.

Auch wenn es abgedroschen klingen mag, aber die militärische Ausbildung könnte hier Abhilfe schaffen. Das zeigt das Zitat von Colonel Tom Kolditz:

Military leadership is based on a concept of duty, service, and self-sacrifice; we take an oath to that effect. We view our obligations to followers as a moral responsibility, defining leadership as placing follower needs before those of the leader, and we teach this value priority to junior leaders. […]
CEOs have to start leading like generals—even if that means living a lifestyle in common with their troops.

Wer längerfristig denkt und auch in stürmischen Zeiten das Ruder fest in den Händen halten will, ist gut beraten, sich eine militärische Führungsausbildung anzueignen. Das empfiehlt auch Josef Ackermann…

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